Kommt der beste Kandidat immer vom direkten Wettbewerb?
Häufig stellt sich zum Start eines Suchprozesses die Frage, ob der (vermeintlich) beste Kandidat vom direkten Wettbewerb kommen sollte. Nicht nur Hiring Manager erwähnen diesen Punkt im Briefing für die Suche, sondern auch viele Kandidaten fragen nach, ob sie denn wirklich eine gute Chance haben oder der Auftraggeber nicht doch jemandem vom direkten Wettbewerb präferiert. Grundsätzlich ist dieser Gedanke gleichermaßen naheliegend wie verlockend – insbesondere, wenn es um kommerzielle Positionen in Marketing & Vertrieb, aber oft auch in der Produktentwicklung geht.
Die Vorteile eines neuen Mitarbeitenden vom direkten Wettbewerber liegen auf der Hand: man erwartet beste Markt- und Produkt-Kenntnisse, sehr fundiertes Wissen über die relevanten Kunden und nicht zuletzt immer auch einige „Insights“ vom Wettbewerb, die man gerne und auch gewinnbringend mitnehmen möchte.
Weniger offensichtlich, aber genauso bedeutend sind jedoch auch die Grenzen dieses Konzepts. Neben Wettbewerbsklauseln in den Arbeitsverträgen, die häufig explizit einen Wechsel zum direkten Wettbewerb unterbinden sollen oder zumindest erst nach einer gewissen Sperrfrist ermöglichen, gibt es häufig auch ein Glaubwürdigkeitsproblem. Nicht nur Kandidat/innen sollten sich fragen, wie glaubwürdig man beispielsweise im Kontakt zu Kunden ist, wenn man mit voller Überzeugung bis vor Kurzem noch für den Wettbewerb gearbeitet hat. Auch innerhalb einer Organisation kann bei Teams oder Vorgesetzten diesbezüglich ein leichter Zweifel aufkommen. Dazu kann eine gewisse „Marktblindheit“ auftreten, weil der neue Hoffnungsträger bestimmte Initiativen gar nicht erst startet oder Vorannahmen übernimmt, weil man das eben „im Markt weiß“.
Wäre es vor diesem Hintergrund nicht manchmal klüger, etwas „frischen Wind“ einzukaufen? Markt- und Produkt-Kenntnisse werden neue Mitarbeitende erwerben, aber innovative Ideen oder neue Herangehensweisen eröffnen sich häufig gerade erst durch den Transfer aus anderen Bereichen. Hier den Suchradius zu eng zu ziehen, könnte auch bedeuten, auf Innovation und neue Konzepte zu verzichten.
Wie so häufig im Recruiting gibt es keine endgültigen Wahrheiten oder „goldene Regeln“, die automatisch maximalen Erfolg versprechen. Aber der Austausch mit einem erfahrenen Berater, der nach einer individuellen Analyse mit seinem Kunden die Zielfirmen etwas breiter definiert, kann durchaus zu bereichernden Lösungen führen, die den Kunden mittelfristig weiterbringen als die ausschließliche Suche nach dem „besten Kopf“ beim Wettbewerb.